Der Tod der kleinen Silvia ist außerordentlich tragisch und sicherlich in keiner Form entschuldbar. Allerdings darf er nicht als Grund herangezogen werden, die Rechte von mehr als 50.000 Frauen und Mädchen einfach zu ignorieren.

„Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“, so steht es in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dieser Grundsatz wird ausgehebelt, wenn mehr als 50.000 Frauen und Mädchen unter Generalverdacht gestellt werden.
Hier stellt sich die Frage wo das hinführt. Werden dann in Zukunft auch reihenweise die Computer oder Schlafzimmer der Bürger durchsucht, weil man einen Mörder sucht?

Die Spitzenkandidatin der Piratenpartei für die Kommunalwahl, Michaela Sorger meint: „Allein die Vorgehensweise der Polizei von Tür zu Tür zu gehen, schüchtert die Menschen ein. Warum lädt man nicht an eine zentrale Stelle ein, wie es schon in vielen anderen Fällen geschehen ist? Dies würde Kosten sparen und die Frauen, vor allem die jungen Mädchen, nicht so einschüchtern. Die Formulierung „Es werden jedoch seitens der Polizei weitere Ermittlungen, insbesondere im Umfeld der Frau durchgeführt, um einen Tatverdacht sicher ausschließen zu können.” wird von vielen Frauen als Nötigung empfunden. „Was denken die Nachbarn dann über mich?“ Dieser Gedanke wird viele Frauen dazu bringen, den Test zu machen, obwohl sie ihn lieber nicht machen möchten.“.

Es nicht ersichtlich, dass von der Mutter des toten Säuglings eine Gefahr für Andere ausgeht. Daher ist nicht nachvollziehbar, warum für die Ermittlungen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt wird. Auch die Frage, ob es sich überhaupt um Mord handelt, ist immer noch nicht geklärt. Wird also in Zukunft bei jedem vermeintlichen Mord ein Massengentest nach dem Gießkannenprinzip durchgeführt?

Laut Polizei findet kein Abgleich mit der DNA-Datenbank der Polizei statt und die Proben sollen auch nicht darin gespeichert werden. Diese Aussage ist begrüßenswert, aber in der heutigen Zeit völlig unzureichend.
Seit mehr als einem halben Jahr steht fest, wie unzureichend die Sicherheit der staatlichen Netzwerke und der öffentlichen Übertragungswege ist. Verschiedene Institutionen, auch Geheimdienste anderer Länder, haben offensichtlich weitgehenden Zugang zu unseren Datenknotenpunkten. Den Schutz unserer Daten kann die Bundesregierung nach eigener Aussage nicht gewähren. Der Bürger soll sich selbst um diesen Schutz kümmern.
Somit ist nicht deutlich, wie die Polizei dafür sorgen will, dass die ausgewerteten Daten der Genproben nicht in fremde Hände fallen und dort dauerhaft gespeichert werden.

Für alle die jetzt sagen „ich hab doch nichts gemacht, also hab ich auch nichts zu verbergen“, folgendes: Krankenkassen, Regierungen und vor allem Firmen würden viel darum geben, flächendeckend an die genetischen Daten aller Bürger zu kommen. Krankenkassen die Ihre Beiträge danach berechnen, welche genetischen Krankheiten oder Probleme bei Ihnen zu erwarten sind. In den USA wurden Lebensversicherungen gekündigt bzw. nicht abgeschlossen, wegen zu hohem Risiko laut DNA Test.
Firmen, die Ihnen Werbung zu Krebspräperaten anbieten, bevor Ihnen klar ist das Sie überhaupt Krebs haben. Regierungen die Ihre „Strafanfälligkeit“ aufgrund genetischer Merkmale bestimmen, Sie vorsorglich genauer beobachten oder sogar „therapieren“ ohne dass Sie jemals straffällig geworden sind.

Zukunftsmusik oder Paranoia? Leider nein, aus Sicht der Forschung ist dies teilweise heute schon durchführbar, allerdings ohne die menschliche Psyche in Betracht zu ziehen.
Niemand kann sagen, wodurch Krebs letztendlich ausbricht, und ob er ausbricht auch wenn eine genetische Prädestination vorliegt. Noch weniger kann man voraussehen, ob ein Mensch jemals straffällig wird, nur weil er genetischen Merkmale aufweist die dies evtl. fördern könnten.

Das Gemeinwohl ist in Gefahr, wenn alle unsere Daten bei völlig undemokratisch strukturierten Institutionen gesammelt werden. Niemand, nicht mal die Regierungen, können nachvollziehen was mit diesen Daten passiert. Und wenn uns die Vergangenheit eins gelehrt hat: Datensammlungen über Menschen haben sich schon immer gut für Diktaturen geeignet.

„Ich halte es für meine Bürgerpflicht, den in Krefeld angeordneten Massengentest zu verweigern. Und damit vehement auf unsere Menschenrechte zu bestehen, bevor wir diese stückchenweise auch noch verlieren.“ so meint Michaela Sorger auch:
„Sollten die freundlichen Damen und Herren von der Polizei also bei mir vor der Tür stehen, werde ich mich gerne mit ihnen unterhalten, vielleicht werde ich sogar die Fragen beantworten. Vorher werde ich allerdings bei meinen Nachbarn klingeln und mein Recht auf einen Zeugen nutzen. Auch wird kein Polizeibeamter ohne Durchsuchungsbefehl meine Wohnung betreten.
Ich werde nicht zulassen, dass meine 13-jährige Tochter irgendwelche indiskreten Fragen beantworten muss. Genauso wenig werde ich einem Gentest bei meiner Tochter oder mir zustimmen. Sollte die Polizei auf die Idee kommen, meine Tochter alleine zu befragen oder Ihre DNA ohne meine Genehmigung zu entnehmen, muss sie nicht nur mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde sondern auch mit einer Anzeige rechnen.
Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass die Beamten Ihre Pflicht tun und bitte auch alle Bürger, die Polizisten freundlich zu behandeln. Aber als Bürger haben wir die Pflicht uns gegen Anordnungen aufzulehnen die unsere Grundrechte beschneiden.“